Zwei Verfahren, ein Ziel – aber ganz unterschiedliche Wege
Ob ein Gehäuse für ein Elektronikbauteil, ein komplexer Prototyp oder eine Serienkomponente: Wer ein Teil herstellen möchte, steht oft vor der Wahl zwischen Spritzguss und additiver Fertigung – also 3D-Druck. Beide Verfahren haben ihre Daseinsberechtigung, und beide bringen je nach Anwendung spezifische Vorteile mit sich. Doch wo liegen die Unterschiede? Und welches Verfahren eignet sich für welchen Zweck?
Spritzguss – der Klassiker für die Serienfertigung
Der Spritzguss ist ein bewährtes Produktionsverfahren, das seit Jahrzehnten in der Industrie eingesetzt wird. Hierbei wird ein Kunststoff (meist in Granulatform) aufgeschmolzen und unter hohem Druck in eine Stahlform – das sogenannte Spritzgusswerkzeug – gepresst. Nach dem Abkühlen nimmt das Material die Form der Negativform an.
Der große Vorteil: Hat man einmal ein Werkzeug gefertigt, lassen sich innerhalb kürzester Zeit Tausende oder sogar Millionen identischer Bauteile mit hoher Wiederholgenauigkeit herstellen. Die Stückkosten sinken dabei mit zunehmender Menge erheblich.
Allerdings ist der Einstieg teuer und zeitaufwändig: Die Herstellung eines Werkzeugs kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen und verursacht oft fünfstellige Investitionskosten. Deshalb lohnt sich der Spritzguss in der Regel erst bei größeren Stückzahlen – oder wenn extrem hohe Maßhaltigkeit und Materialvielfalt gefragt sind.
Additive Fertigung – flexibel, schnell und formfrei
Die additive Fertigung, besser bekannt als 3D-Druck, verfolgt ein völlig anderes Prinzip: Statt Material in eine Form zu pressen, wird es Schicht für Schicht aufgetragen – meist durch das schmelzen eines Filaments (FDM), das Sintern von Pulver (SLS) oder das Aushärten von Harz (SLA).
Dadurch entsteht maximale Gestaltungsfreiheit: Komplexe Geometrien, Hohlräume, organische Formen oder Funktionsteile lassen sich oft in einem Arbeitsgang ohne zusätzliche Werkzeuge realisieren. Die Digitalisierung der Fertigung ermöglicht es zudem, innerhalb weniger Stunden vom 3D-Modell zum realen Bauteil zu gelangen – ideal für Prototypen oder Kleinserien.
Auch Anpassungen sind problemlos möglich: Ändert sich das Design, muss lediglich die CAD-Datei angepasst werden – ohne Kosten für neue Werkzeuge oder Formen.
Wo liegen die Grenzen beider Verfahren?
Während der 3D-Druck mit Geschwindigkeit und Flexibilität punktet, stößt er bei größeren Stückzahlen oder sehr engen Toleranzen an seine Grenzen. Die Druckzeit pro Teil ist höher, und die mechanischen Eigenschaften sind je nach Druckverfahren und Material nicht immer mit spritzgegossenen Bauteilen vergleichbar.
Spritzguss hingegen bietet höchste Maßhaltigkeit, Oberflächengüte und Materialvielfalt – von glasfaserverstärkten Kunststoffen bis hin zu Hochleistungspolymeren. Aber: Änderungen am Design sind aufwendig, und das Verfahren ist wirtschaftlich nur sinnvoll, wenn viele gleiche Teile benötigt werden.
Wenn sich die Verfahren ergänzen
In der Praxis sind Spritzguss und additive Fertigung keine Gegenspieler – sondern oft ideale Partner. Ein typischer Weg: Bauteile werden zunächst im 3D-Druck als Prototyp gefertigt, getestet und bei Bedarf optimiert. Erst wenn das Design final ist, erfolgt der Übergang zum Spritzguss für die Serienproduktion.
Auch in der Ersatzteilfertigung oder bei individualisierten Produkten gewinnt die additive Fertigung zunehmend an Bedeutung – gerade dort, wo Flexibilität mehr zählt als Masse.
Und mit der Entwicklung neuer Druckmaterialien und hybrider Verfahren verschwimmen die Grenzen zunehmend. Einige Unternehmen nutzen bereits 3D-gedruckte Werkzeugeinsätze für Kleinserien im Spritzguss – eine interessante Brücke zwischen beiden Welten.
Die Wahl hängt vom Ziel ab
Ob additiv oder klassisch gespritzt – am Ende entscheidet der konkrete Anwendungsfall. Geht es um Geschwindigkeit und Flexibilität bei geringen Stückzahlen, ist der 3D-Druck klar im Vorteil. Bei großen Serien mit hohen Anforderungen an Maßhaltigkeit und Stückkosten führt kein Weg am Spritzguss vorbei.
Spannend wird es dann, wenn beide Verfahren kombiniert eingesetzt werden – ein Ansatz, den µ-Tec GmbH aktiv verfolgt. Denn die Zukunft der Fertigung ist nicht entweder oder – sondern intelligent vernetzt.
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